Niemand muss Täter sein. Gegen die Normalität sexualisierter Gewalt

Es folgt ein gemeinsamer Aufruf der Gruppen Rotes Dresden, e*vibes und der Undogmatischen Radikalen Antifa Dresden:

Bei dem Gedanken, dass Feine Sahne Fischfilet am 15. Juli eine Bühne in Dresden geboten wird, wird uns übel. Übel, weil gegen den Sänger der Band schwerwiegende Vorwürfe der sexualisierten Gewalt vorliegen. Wenn wir sehen, wie egal es in der Veranstaltungsbranche, allgemein in unserer Gesellschaft ist, dass Männer immer wieder ihre Machtpositionen missbrauchen, sind wir wütend.

Wütend, über den Auftritt der Band und wütend über den sexistischen Normalzustand, in welchem Männer immer wieder übergriffig werden, sexualisierte Gewalt ausüben und immer wieder ungeschoren damit durchkommen. Mit dieser Normalität gilt es zu brechen! Es gilt ihre Strukturen offenzulegen und zu überwinden.

Was meinen wir mit Normalität? 

Es sind die Blicke älterer Männer in unserer Jugend, die Bemerkungen unserer Lehrer und Mitschüler. Es ist der Unterricht, der uns nicht beibringt was Konsens bedeutet. Serien und Filme, in welchen es romantisiert wird ein “Nein” nicht zu akzeptieren, die das “uns zu einem Ja überreden” als Liebesbeweis verklären. Wir werden mit einem Gefühl der Hilflosigkeit zurückgelassen, wenn unser Chef mal wieder unser Aussehen kommentiert oder uns sexuelle Gesten entgegenbringt. Wir müssen Angst davor haben zu Hause zu sein, wenn das Fußballteam unseres Mannes verliert und viel mehr noch, wenn es gewinnt. Es ist egal wie wir uns kleiden, wie viel oder wenig wir anhaben. Auch wenn uns immer wieder Gegenteiliges eingeredet wird, hat das keinen Einfluss darauf, ob Männer übergriffig werden oder nicht. Damit wird lediglich die Verantwortung sexualisierter Übergriffe und Gewalt auf uns, die Betroffenen, verschoben, wobei uns allen klar sein muss, dass wir nicht die Verantwortlichen sind, sondern Männer die diese Gewalt ausüben!

Wir, das sind die Betroffenen, die das Glück hatten sie zu überleben. Nicht nur die Gewalt die wir erfahren haben sondern auch all das was dieser voraus ging und folgte, nachdem wir beschlossen haben unsere Stimme zu erheben. Die Isolation, die emotionalen Verletzungen, Misstrauen, Demütigungen, Unterlassungsklagen und noch mehr Gewaltandrohungen.

 Eine Pause oder ein Rückzug von dieser Thematik ist für uns fast unmöglich, nicht weil wir das Erlebte therapeutisch aufarbeiten müssen, sondern weil wir unseren Vätern, Lehrern oder auch ehemaligen Genossen nicht konsequent aus dem Weg gehen können, weil die Gewalt die wir erfahren haben in unserer sexistischen und patriarchalen Gesellschaft strukturell ist. Deswegen kann und wird es immer wieder dazu kommen, dass Männer uns jenen Platz verweisen an welchen sie uns gerne hätten und uns zwingen wollen, gefälligst das zu tun was sie wollen.

Ein weiterer Grund dafür, dass es uns nicht möglich ist dieser Konfrontation aus dem Weg zu gehen, ist, dass auch Männern die sexistische und patriarchale Gewalt ausüben, die große Bühne geboten wird. Auch medial.

Jan Gorkow und Till Lindemann sind nur zwei Namen, lediglich zwei Beispiele in einer Industrie in der das Machtgefälle zwischen Fans und sogenannten Rockstars ausgenutzt werden kann und wird. Eine Industrie, in der dieses Machtgefälle mit Slogans wie “Sex, Drugs and Rock’n’Roll” gar noch glorifiziert wird. Lindemann und Gorkow sind zwei Namen, die hier stellvertretend für eine Gesellschaft stehen, in der (sexualisierte) Gewalt eine Kontinuität, eine Normalität darstellt.

Wir wollen mit dieser Normalität brechen, sie überwinden! Wir sagen “Nein!” zu dem System der sexualisierten Gewalt, “Nein!” zum Patriarchat.

Wir wollen Veränderung und Sicherheit auf dem Weg dahin. WIr wollen Konsequenzen für die Täter!

Kommt deshalb mit uns auf die Straße! Kommt am 15.07.23 16:00Uhr zum Martin-Luther-Platz!

Gemeinsam verleihen wir unserer Wut, Trauer aber auch unserer Hoffnung einen gemeinsamen Ausdruck.

Damit wir bald in Sicherheit leben können – Gegen die Normalität von sexualisierter Gewalt.

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