Evacuate them all! Demonstration am 20. September 2020 – Alaunplatz 13:30
Am Sonntag wollen wir mit euch gemeinsam gegen die menschenverachtende Grenzpolitik, gegen das Einpferchen der Menschen in Lager – ob auf Lesbos, Kos, Chios und sonst wo an den Außengrenzen Europas – auf die Straßen gehen! Wir wollen keine “besseren” Lager, sondern eine menschenwürdige Existenzgrundlage, wir fordern Sicherheit und selbstbestimmtes Leben aller Menschen auf der Flucht! Schließt alle Lager, holt die Menschen hier – denn wir haben Platz!
Nach dem Feuer welches das Elendslager Moria vernichtete, werden diejenigen die nun gar nichts mehr haben, nicht nur in der Asche des Ungetüms der europäischen Außenpolitik zurück gelassen, sondern es wird auf sie eingetreten.
Die  Geflüchteten, die es nicht schafften aus dem zu Camp fliehen und sich  in die Stadt abzusetzen, wurden nicht mit Decken, Zelten und Wasser  versorgt sondern vom Tränengas und den Knüppeln der griechischen  Polizei, die mit aller Gewalt versuchte die Geflüchteten nicht vom Camp  wegzulassen, während dessen Überbleibsel in der nächsten Nacht  verbrannten. Gefangen auf den Straßen der Insel rund um das Camp wurden sie von Spezialkräften der Polizei  umstellt, allein gelassen, ohne ausreichend Nahrung, Wasser und  medizinische Versorgung. Helfer:innen, NGOs und Journalisten wurden  versucht fernzuhalten, so dass die Leute der Hitze am Tag, der Kälte der  Nacht, der Willkür und Gewalt der Polizei und den Angriffen lokaler  Faschist:innen schutzlos ausgesetzt waren.
Denn das Urteil der konservativen griechischen Regierung unter der Regierungspartei Nea Demokratia war schon gefällt. Schuld waren die, die jahrelang unter Missachtung von Menschenrechten in der Hölle von Moria eingesperrt wurden und diejenigen die versuchten das größte Leid zu lindern oder die Zustände öffentlich zu machen. Es wurde da ermittelt wo nichts mehr zu ermitteln war, in den bereits von Bulldozern zusammengeschobenen Resten Morias. Doch die griechische Propaganda muss bestätigt werden, um einerseits von der eigenen Schuld abzulenken  und um andererseits die größte Angst der europäischen Union zu bändigen. Die  Angst davor dass das Feuer welches Moria zerstörte, sich auf die  unzähligen anderen Orte in der EU überträgt, deren Grundlage dieselbe  menschenverachtende Politik ist. Ob in Lampedusa, auf Zypern, in Spanien oder auf der gesamten Balkanroute hat das Grenzregime Orte erschaffen, die Moria in wenig nachstehen. In denen Menschen inhaftiert werden ohne Würde, ohne Chancen und ohne Perspektive. Moria ist nicht das einzige Pulverfass welches die EU in den letzten Jahren geschaffen hat.
Während die Menschen auf Lesbos leiden, zeigen sich die europäischen Politiker:innen die für diese Katastrophe verantwortlich sind, nach außen äußerst betroffen. Doch bleibt es bei Lippenbekenntnissen ohne Einsicht und ohne konkrete Maßnahmen zur Hilfe. Unter der Federführung Deutschlands gibt es ein fleißiges Drücken um die Verantwortung und lächerliche Kontingente, die mit Ausreden und der Suche nach gemeinsamen europäischen Lösungen legitimiert werden.
Trotz  ihrer Lage und der Repression demonstrieren viele der Menschen immer  noch. Sie verlangen Freiheit und wollen auf keinen Fall in ein neues  geschlossenes Camp umgesiedelt werden. Sie sind enttäuscht und müde  von den Versprechungen europäischer Politiker:innen. Viele verstehen  mittlerweile all zu gut, dass sie zum Spielball geworden sind und als  abschreckendes Beispiel genutzt werden um die Idee des Sommers der  Migration 2015 zu brechen. Jene Idee eines Europas der Menschenrechte, dessen Asche vom Wind weggetragen wird, im Mittelmeer versinkt. Der  griechische Staat versucht die Geflüchteten durch Mangelversorgung, der  anhaltend großen Gefahr durch Covid-19, der Androhung dass ihr  Asylverfahren ausgesetzt wird und permanenter polizeilicher Willkür und Gewalt zu erpressen in die neuen geschlossenen Lager zu gehen. Wie lange ihr Widerstand unter diesem Druck halten kann ist ungewiss und deshalb liegt es an uns, ihren Kampf zu unterstützen und zu dem unseren zu machen.
Die Geflüchteten zeigen deutlich, dass sie keine Nummern mehr sein wollen und die Entmenschlichung ein Ende haben muss.  Sie wollen für ihre Rechte, ihre Zukunft, ihre Sicherheit und ihr Leben  kämpfen. Ein Kampf um die Grundlage unserer Gesellschaft die zeigt, ob Menschenrechte universell sind oder ein Privileg bleiben. Da in dieser Welt der Ausbeutung und Konkurrenz die letzten Inseln des Reichtums nicht genug Platz bieten für die, die überflüssig scheinen. Moria ist ein Brennglas auf die Fehler der kapitalistischen Gesellschaft in der wir leben und ein Beispiel wie die qualmenden Reste nur durch immer autoritärere Maßnahmen des Staates erhaltern werden.In  ganz Europa gab es verschiedenste Solidaritätsaktionen die sich für die  Evakuierung der Lager, nicht nur Morias sondern an den gesamten  Außengrenzen der EU einsetzten. Doch weder der Druck auf der Straße, noch der öffentliche Diskurs reichten aus um die Regierenden zu einem effektiven Handeln zu bewegen, welches sie schlicht nicht wollen. Auch an diesen Sonntag, am 20.09., werden  wieder in unzähligen Städten Menschen auf die Straße gehen. Uns darf es  nicht darum gehen den Schein der europäischen Werte, die in Moria  verbrannt seien, aufrecht zu erhalten, sondern uns einzusetzen für etwas  ganz anderes.Für eine Gesellschaft, die auf Solidariät und Gleichwertigkeit beruht und die lebenswerte Räume überall schafft ohne die Lebensgrundlage der Menschen zu zerstören.
Schließlich ist Solidarität der Schlüssel. Heute ist es unerlässlich, für Solidarität und Bewegungsfreiheit für alle einzutreten. Diese Schlagworte waren früher unsere eigenen Etiketten, um uns unserer eigenen radikalen Ansichten zu versichern. In diesen Zeiten sind Solidarität und Bewegungsfreiheit immer noch radikal. Es sind Ideen, von denen aus wir eine radikale Kapitalismuskritik vorantreiben können. Der Unterschied zu damals ist, dass heute viel mehr Menschen für diese Forderungen offen sind. Wenn wir heute, nach der Katastrophe von Moria, Solidarität und Bewegungsfreiheit auf die Straße bringen, dann nicht um eine kleine und hoffentlich radikale Stimme im Diskurs zu sein, sondern um politisch wirklich etwas zu verändern: Evakuiert alle Lager, sofort! Holt die Leute her, denn wir haben Platz!
Wir sehen uns auf den Straßen!
Wann? Sonntag, 20.09.2020, um 13:30 Uhr!
Wo? Alaunplatz
Denkt bitte an die Mund-Nasen-Masken und haltet ausreichend Abstand.

 
    				    			    		          